Antifaschismus 2.0

Verschwörungstheorien und Faschismus im Web 2.0

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Verschwörungstheorien - Gefahr für die Demokratie

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Die Website Faschismus 2.0 befasst sich vor allem mit verschiedenen Verschwörungsideologien und Zentralsteuerungstheorien, die im WEB 2.0 in Social Networks, wie z.B. wer kennt wen (www.wer-kennt-wen.de - wkw) auftreten und über die rechte und antisemitische Ideologien verbreitet werden.

Verschwörungsideologien und Zentralsteuerungstheorien gab es wohl schon immer in der Geschichte der Menschheit.  Sie verwenden vor allem vier "Werkzeuge der Furcht" (P04):

  • Den Dualismus

  • Die Dämonisierung

  • Die Schaffung von Sündenböcken

  • Die Verkündung der Apokalypse


Verschwörungsideologen verwenden ein einfaches leicht erklärbares Weltbild von gut und böse. Bestimmte Gruppen werden dämonisiert und zu Sündenböcken gemacht. Das Ziel dieser Dämonisierung und Schaffung der Sündenböcke ist austauschbar und wechselt im Laufe der Geschichte: Freimaurer, Illuminaten und vor allem die Juden.

Mit der Darstellung bevorstehender apokalyptischer Ereignisse (dritter Weltkrieg, Massenmord durch Zwangsimpfung, Einschlag des Planeten X im Jahr 2012, Vergiftung der Lebensmittel durch den Codex Alimentarius, Verseuchung durch Chemtrails usw.) wird Furcht und eine Endzeitstimmung erzeugt, durch die die Adressaten noch enger an die Protagonisten und ihre Ideologien gebunden werden. Zugleich wird eine Stimmung gegen die Sündenböcke erzeugt, die nicht zuletzt auch zu solchen Ereignissen führen, wie dem Mord an dem amerikanischen Abtreibungsarzt Dr. George Tiller. (P04)

Illuminaten als Verursacher der französischen Revolution

Moderne - noch heute immer wieder auftauchende - Verschwörungstheorien gehen zurück auf die Französische Revolution.  Für Adel und Klerus war es unvorstellbar, dass das Volk sich aufgrund seiner miserablen sozialen, wirtschaftlichen und rechtlosen Situation gegen seine Herrscher und die "gottgewollte" Ordnung auflehnte. Da also nicht sein kann, was nicht sein darf, fand man schnell Sündenböcke und andere Erklärungen, durch die eine Reflexion der selbst geschaffenen Verhältnisse und der eigenen Schuld vermieden werden konnte.

1776 war in Bayern eine Geheimorganisation gegründet worden, die sich gegen Despotismus und Feudalismus und für Humanismus und Aufklärung einsetzte: Die Illuminaten.
Neben dem Gründer Adam Weishaupt gehörten diesem Orden auch so bekannte Personen wie Goethe, Knigge und Herder an.
Bereits 1784 gab es das erste Verbotsedikt, dem weitere sowie verschiedene Verfolgungen folgten.

Diese - zum Zeitpunkt der französischen Revolution als Organisation bereits aufgelösten - Illuminaten wurden nun also für die frechen Aufstände des gemeinen Volkes gegen Adel und Klerus verantwortlich gemacht.

In der Folgezeit wurden die Verschwörungsideologien gegen die Illuminaten mit antijüdischen vermischt, da ja die Illuminaten sich auch gegen die katholische Kirche gewandt hatten und die Juden ohnehin als Gegner des Christentums galten.

Juden als Verursacher allen Übels

Anfang des 20. Jahrhunderts tauchten die sogenannten "Protokolle der Weisen von Zion auf". Angeblich beinhalteten sie die Ergebnisse geheimer Treffen von Vertretern der jüdischen Stämme. In ihnen wurde der Plan einer umfassenden Verschwörung beschrieben mit dem Ziel eine jüdische Weltherrschaft zu errichten. Sie beinhalten im Grunde genommen Verschwörungstheorien, die zuvor schon den Freimaurern und Illuminaten zugeschrieben wurden.

Obwohl diese Protokolle nachweislich Fälschungen sind, die vermutlich von der zaristischen Geheimpolizei lanciert wurden, um gezielt Judenpogrome zu provozieren, tauchen diese immer wieder in verschiedenen abgewandelten und modernisierten Versionen auf.

Auch für die Nationalsozialisten waren die Protokolle eine wichtige Grundlage ihrer antisemitischen Ideologie und sie wurden von Adolf Hitler auch explizit in "Mein Kampf" erwähnt.

Teilweise handelt es sich heute auch um Versatzstücke, die offensichtlich auf den Protokollen beruhen, ohne dass diese direkt erwähnt werden.
Aktuell wird z.B. von einigen rechten Verschwörungstheoretikern behauptet, es gäbe - nach deren Interpretation Ende des 19. Jahrhunderts entstandene - Dokumente in denen der erste Weltkrieg, die Zeit des Nationalsozialismus mit dem zweiten Weltkrieg, der Nahost-Konflikt und der dritte Weltkrieg zu Beginn des 21. Jahrhunderts beschrieben würden. Mit der Behauptung, diese Dokumente - offensichtlich angelehnt an die Protokolle - stammten aus dem 19. Jahrhundert und beschrieben die damals in der Zukunft liegenden Ereignisse sehr genau, wird dann argumentiert, dass demnach auch die Prophezeiung des dritten Weltkriegs richtig sein muss.

Protokolle der Weisen von Zion und die Schaffung einer EINE WELT REGIERUNG

Die Behauptungen der Existenz einer Verschwörung zur Schaffung einer Neuen Weltordnung und einer Eine-Welt-Regierung gehen ebenfalls auf diese Protokolle zurück. Auch in dem antisemitischen "Reichsbrief 7" der rechtsextremistischen "Neue Gemeinschaft der Philosophen" wird auf die Protokolle der Weisen von Zion Bezug genommen.

In den 1960er Jahren griffen verschiedende Gruppen der Patriot Movement in den USA wie z.B. die John Birch Society, die Anti-Freimaurerische Ideologie von Ende des 18. Jahrhunderts erneut auf, um die Bedrohung durch den Kommunismus darzustellen. Dabei wurden munter Antikommunismus, Antisemitismus, Antikapitalismus und fundamentalistische christliche und amerikanisch-neokonservative Ideologien miteinander vermischt. Illuminaten und Freimaurer kontrollierten nicht nur amerikanische Präsidenten, sondern vor allem so suspekte Organisationen, wie die UNO und natürlich die internationale (jüdische) Hochfinanz, so deren Credo.

Neue Blüte der Verschwörungstheorien durch das Internet

Das Internet bietet Verschwörungsideologen eine Plattform und die früher ungekannte Möglichkeit der Verbreitung ihrer Ideen. Und es wird schwerer, sich dem Einfluss der Verschwörungsideologen zu entziehen. Obgleich der Hintergrund der derzeit grassierenden Verschwörungsideologien im rechten Spektrum angesiedelt ist, reicht deren Anhängerschaft bis in politisch links orientierte Gruppen hinein.

Wie im Supermarkt: für Jeden Etwas!

Alle Verschwörungsideologien haben eines gemeinsam: sie gehen davon aus, dass der Status quo nicht akzeptabel ist. Sie stellen die soziale Ungleichheit dar, greifen die von vielen Menschen diffus gefühlte Ungerechtigkeit auf. Sie geben einfache Erklärungen für die von vielen Menschen nicht mehr nachvollziehbaren komplexen Mechanismen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft und bieten einen Sündenbock an für all das Unheil und das selbst erfahrene Leid und die erlittenen Ungerechtigkeiten. Die Masse verschiedener - sich teilweise widersprechender - Verschwörungsideologien bietet letztlich jedem etwas, woran er sich aufgrund seiner eigenen Sozialisation und der selbst gemachten Erfahrungen orientieren kann.

Emotionale Bedürfnisse als Nahrung für Verschwörungstheorien

Schon immer haben Menschen - eben auch der moderne Mensch - auch emotionale, irrationale Bedürfnisse. Den Autoren Gugenberger und Schweidlenka (G01) zufolge sind dies die Bedürfnisse nach

  • Identität,

  • Gemeinschaft und

  • Naturverbundenheit.

Damit verbunden sind die Werte Geborgenheit, Sicherheit, Heimat und Lebenssinn.
Im Grunde sind dies durchaus legitime menschliche Bedürfnisse. Werden sie nicht erfüllt, so entladen sie sich in nationalistisch-rassistischen autoritären Bewegungen, fehlende Gemeinschaftserfahrungen erzeugen Xenophobie und Rassismus und die Sehnsucht nach einer gesunden Natur hilft Naturreligiösen und mythischen Weltbildern zum Durchbruch.
Dass die Linke es bis heute versäumt hat, diese Bedürfnisse zu bedienen, ist Wasser auf die Mühlen der neuen Rechten. In der herrschenden Gesellschaft wie auch bei der Linken steht der Rationalismus im Mittelpunkt.

Die politische Bewegung, die dies als erste erkannte und entsprechend reagierte, war der langsam wieder erstarkende Neofaschismus. Die "Neue Rechte", im französischen Sprachraum "Nouvelle Droite", erklärte durch einen ihrer Wortführer, Guillaume Faye:

"Wir allein setzen uns für die Wiedereinführung des europäischen Heidentums, der Belebung der europäischen Werte ein, die nach einem langwierigen Prozess der Unterwanderung von den verderblichen Inhalten des Judentums, des Christentums und ihres weltlichen Erben, des egalitären Individualismus, verdrängt wurden!" [F04 zit. n. L01 , S. 233]

Verschwörungsideologien sind weder ein gesunder Ansatz zur (berechtigten) Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen noch bieten sie wirkliche Lösungen. Vielmehr verfestigen sie Vorurteile, schaffen Agressionen, führen zu Rückzug aus  gesellschaftlichen Aktivitäten und Mitgestaltungsmöglichkeiten und sind somit eine Gefahr für die demokratische Gesellschaft.


Quellen:

F04 Faye, Guilaume: "Wofür wir kämpfen"  ( Thule-Seminar im google-cache)
G01 Gugenberger, Eduard und Roman Schweidlenka (Hg.): Missbrauchte Sehnsüchte? Esoterische Wege zum Heil. Kritik und Alternativen. Wien : Verlag für Gesellschaftskritik 1992
L01Leopold, Pammer, Hitler und seine Vorbilder, tredition
P04 http://www.publiceye.org/

Zuletzt aktualisiert am Samstag, den 12. Dezember 2009 um 18:15 Uhr

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Wegen der prekären Finanzsituation steht die DVU kurz vor dem Kollaps.

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Schlagzeilen Verschwörungstheorien

Ein kurzer Exkurs über die Genese und zunehmende Popularität von Verschwörungstheorien in Krisenzeiten

Seit Herausbildung der Herrschaft des Menschen über den Menschen gibt es Verschwörungen. Sie bilden eine der ältesten Techniken zur Eroberung und Aufrechterhaltung von Macht.

Schon die ersten Herrscher von Stadtstaaten im Zweistromland etwa ursupierten oftmals den Thron vermittels einer Verschwörung - und sie lebten in permanenter Angst vor einer gegen sie gerichteten Verschwörung. Folglich spekulierten seit Anbeginn der Herrschaft die Beherrschten über die Ränkespiele am Hofe, über die Absichten der jeweils herrschenden Kaste. Mensch kann somit sagen, dass diese Spekulation der Untertanen über die Machenschaften am hermetisch abgeschlossenen Hofe, über die Ziele, Strategien und „Verschwörungen" der Herrschenden so alt ist wie die Herausbildung der städtischen Zivilisation selbst.

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