Gut 100, zum großen Teil junge, Menschen protestierten am 9.10.09 vor dem Club Voltaire gegen "Sexismus, Antisemitismus und die irrationale Verzerrung der Wirklichkeit". Sie waren gekommen um "Verschwörungsideologie zu blockieren".
Anlass für die Proteste war eine Veranstaltung der Arbeiterfotografie im Club Voltaire mit der "Bandbreite" und dem Antizionisten Elias Davidson.
Auf Handzetteln und Umhängeschildern wurde deutlich gemacht, dass "Freunde von Ahmadinedschad und Haider" nicht willkommen seien. Ebensowenig wolle man in dem traditionsreichen linken Club Leute haben, deren Bandbreite bis nach rechts reiche und die "jüdische Weltverschwörung" propagierten.
Die Stimmung war offen und diskussionsfreudig. Redebeiträge wurden gehalten, eifrig untereinander und auch mit Mitgliedern von Arbeiterfotografie (AF) und Club Voltaire (CV) diskutiert.
Mitglieder der AF kritisierten, man werfe da "alles in einen Topf". Zugleich distanzierten sich viele von ihnen aber auch von den Inhalten auf der AF-Website, die auch von den Demonstranten kritisiert wurden. Dazu gehörten die undifferenziert und unkritisch dargestellten Verschwörungstheorien zu 9/11 ebenso wie die freundlichen Buchbesprechungen zu Gerhard Wisnewski und die Freisprechung Haiders von jeglichem Faschismusverdacht. Da gebe es auch innerhalb der AF Kritik an den beiden Machern der Website, die nicht die Meinung der AF darstellten. Deshalb dürfe man die AF nicht pauschal verurteilen.
In Rede- und Diskussionsbeiträge wurde von den Demonstranten darauf hingewiesen, dass sowohl die Arbeiterfotografie wie auch der Club Voltaire traditionsreiche, wichtige Institutionen der Linke seien und man für den Erhalt dieser Institutionen als linke Einrichtungen kämpfe und sich eben deshalb gegen das Einbringen solcher antisemitischer und irrationaler Ideologien wehre.
Auch Marcel W. von der Bandbreite traute sich kurz raus, das führte zu einem heftigen Wortgefecht mit mehreren wütenden Antifafrauen, die ihm Sexismus und Frauenfeindlichkeit vorwarfen. Seine naive und hilflose ANtwort, "Ich liebe Frauen", führte zu Gelächter und Heiterkeit.
Elias Davidson warf den Demonstranten faschistisches Verhalten vor und rief immer wieder
"Zionismus ist Faschismus". Wie auch andere Besucher warf er den Demonstranten vor, sie seien vom BKA bezahlt und "Handlanger und Botengänger des Imperialismus".
Inhaltliche Argumente kamen von dieser Seite keine.
Die meisten Mitglieder der CV hatten sich jedoch innen verbarrikadiert und kamen nicht raus. Die hatten sich derart in eine Paranoia hineingesteigert, dass sie wohl wirklich daran glaubten, dass da draußen die "neue SA" steht.
Da draußen standen aber nur lauter nette freundliche Linke, die so gar nicht dem bösen Bild entsprachen.
Leider kam es durch das unverantwortliche Handeln einiger weniger Demonstranten dann gegen Ende doch noch zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung. Obwohl alle aufrufenden Gruppen zu einer friedlichen Blockade aufgerufen hatten, versuchten einige in den Club Voltaire hineinzudrängen. Dabei wurden mindestens zwei Personen körperlich angegriffen.
Die meisten Protestierenden draußen bekamen das gar nicht mit und
hatten damit auch nichts zu tun.
Dennoch wird der Vorfall jetzt benutzt, um den ganzen Protest mit Gewalt in Verbindung zu bringen. Dabei war insgesamt an diesem Abend draußen auf der Straße viel mehr Diskussionsbereitschaft vorhanden, als drinnen.
Seitens der Demonstranten wurde immer wieder bedauert, dass es im Vorfeld nicht möglich gewesen war, einen Verlauf der Veranstaltung zu ermöglich, der eine echte Diskussion ermöglicht hätte.
Es wurde bedauert, dass es hier notwendig wurde gegen diese Veranstaltung öffentlich zu protestieren, zugleich aber die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass hierdurch ein Diskussionsprozess angestoßen wird.
Tatsächlich wurde seitens des CV inzwischen das Angebot von Andreas Waibel und der Redaktion Faschismus 2.0 aufgegriffen, eine Diskussionsveranstaltung zum Thema Verschwörungstheorien im Club Voltaire durchzuführen. Karlheinz Peil schlägt in einer Mail vom 9.10. vor, hierzu ein Streitgespräch zwischen ihm und Bernd Merling durchzuführen. Die Redaktion Faschismus 2.0 hatte ja schon vorher ihre Bereitschaft zu einer solchen Veranstaltung deutlich gemacht und wird dieses Angebot gerne annehmen.
Auch Voltaire persönlich protestierte gegen seine Vereinnahmung durch Verschwörungsideologen.
(Fotos: Bernd Merling)
Weitere Materialien und Dokumentationen.
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