Antifaschismus 2.0

Verschwörungstheorien und Faschismus im Web 2.0

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Ulfkotte, Udo

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ulfkotte234 Ein Vorreiter für rassistisch-aufgeladene Islamkritik ist im deutschsprachigen Raum Udo Ulfkotte. Der ehemalige FAZ-Redakteur veröffentlicht seit einiger Zeit beim KOPP-Verlag, der zunehmend als Bindeglied zwischen Rassismus, Revisionismus, kruden Verschwörungstheorien und Querfront fungiert.


Ulfkotte sorgte Ende 2008 für einen Paukenschlag. Er verließ den von ihm gegründeten Verein Pax Europa aufgrund „volksverhetzender, rassistischer Karikaturen im Stürmer-Stil“ und der Befürchtung, sein gemeinnütziger Verein würde sich zu einer Plattform für „rechtsradikale Radaubrüder“ entwickeln. Diese audsrückliche Abgrenzung scheint jedoch mehr taktischer Natur zu sein. Schaut man in seine beiden aktuellen Bücher, so entdeckt man an unzähligen Stellen rassistische Stereotypen. In „SOS Abendland – Die schleichende Islamisierung Europas“ (2008) bezeichnet er etwa junge „Kulturbereicherer aus der islamischen Welt“ als eine „Plage“ sowie „kleine Frankenstein-Monster“ und die „Islamideologie“ als einen „bösartigen Virus“. Außerdem seien MigrantInnen schlicht „geisteskranker“, „gen-defekter“ – und dümmer. So hätten beispielsweise die Zuwanderer aus der Türkei einen zwischen 10 und 15 Prozent niedrigeren IQ als „Durchschnittseuropäer“. In dem im Juli 2009 erschienenen Buch „Vorsicht Bürgerkrieg - Was lange gärt, wird endlich Wut“ schlägt Ulfkotte ähnliche Töne an, auch wenn er dort die Gruppe seiner Feindbilder erweitert – nicht mehr nur der Islam führe die abendländische Kultur in den Abgrund, sondern auch die hiesigen Politiker, die wesentlich von den 68ern geprägt seien. Diese hätten eine „neue Menschenrasse“, nämlich den „Mulitkulti-Primat“ gezüchtet, eine „Überrasse mit 68-Gesinnung“, „die den Geruch nach Urin und Erbrochenem, die Müllhalden an den Straßenrändern und Respektlosigkeit gegenüber Werten für gut erklärt“. Die Ergebnisse der „ethnoneutralen Primatenzucht“ seien „tumbe Mutanten der 68-Ideologie“ – gemeint sind TürkInnen, AraberInnen, OsteuropäerInnen und auch Linksextreme. Weiter ist die Rede davon, dass „Menschen aus fremden Kulturkreisen die Aufgaben von Pest und Großfeuern“ übernommen hätten.

Es finden sich in beiden Büchern noch weitere rassistische Ausführungen, die vom Wortlaut und Inhalt her auch in Zeitungen wie der ‚Deutschen Stimme‘ (NPD) oder der ‚National-Zeitung‘ (DVU-nah) zu finden sein könnten. Dennoch grenzt er sich mehrmals vom ‚Rechtsextremismus‘ ab und rät gar dazu, in diesen schwierigen Zeiten nicht demokratiefeindliche Extremisten zu unterstützen. In Vorsicht Bürgerkrieg rät er dazu, „kleine Parteien wie die vielen freien Wählervereinigungen oder Gruppen wie Bürger in Wut und christliche oder ökologische Vereinigungen“ zu unterstützten. In ‚SOS Abendland‘ bedauert er gar, dass es in Deutschland keinen Rechtspopulisten gebe, der einem gewissen Teil der Bevölkerung als Ventil dienen könnte.

Betrachtet man die inhaltlichen Überschneidungen und Wunschvorstellungen eines ‚ethnisch-homogenen Volkes‘, müsste eigentlich erkannt werden, dass die fein säuberliche Trennung von ‚Rechtspopulismus‘ und ‚Rechtsextremismus‘ keinen Sinn ergibt. Schlimmer noch: Durch die Konstruktion einer konkurrierenden Strömung zum ‚Rechtsextremismus‘ wird die Einflussnahme auf politische Diskurse für das vermeintlich Moderatere vielfach verbessert. Immer wieder bekommt Ulfkotte die Möglichkeit, in Fernseh-Talkshows seine ‚Thesen‘ zu verbreiten. So durfte er bereits bei der SWR-Sendung ‚Nachtcafé‘genauso wie bei N24 und n-tv wettern und erhält als ‚Islamkritiker‘ Foren, von denen beispielsweise NPD-Kader nur träumen dürften. Ulfkotte ist darüber hinaus gern gesehener Gast bei Veranstaltungen der CDU und der Polizeigewerkschaft 'Bund deutscher Kriminalbeamter' (BdK). Zuletzt hat Ulfkotte im Oktober in der rechtsliberalen Zeitschrift 'Eigentümlich frei' vor einem drohenden Bürgerkrieg gewarnt.

Ähnlich um Anschlussfähigkeit bemüht ist auch der Verlag, bei dem Ulfkotte nicht nur seine Bücher, sondern auch regelmäßig Beiträge für den Verlags-Blog veröffentlichen darf. Der in Rottenburg am Neckar ansässige Kopp-Verlag schafft es dank guter Kontakte immer wieder, Bücherwerbung in auflagenstarken und einflussreichen Publikationen zu platzieren. Eine doppelseitige Werbung für Vorsicht Bürgerkrieg fand sich in der Oktober-Ausgabe von Readers Digest Deutschland, einseitg wurde gleiches Buch auch in den September-Ausgaben der ADAC Motorwelt und dem Polizeispiegel, der Mitgliederzeitschrift der deutschen Polizei Gewerkschaft (DPolG) beworben.

Eigentlich ist der Kopp-Verlag auf pseudowissenschaftliche Themen im Bereich der Esoterik spezialisiert. Doch vermehrt werden neben dem bekannten Aushängeschild Erich von Däniken auch Kontakte zu anderen Personen gepflegt. So vertreibt der Verlag Bücher der Revisionisten Jan Udo Holey („Jan van Helsing“) und Gerd Schultze-Rhonhoff. Letzterer behauptet in seinem Buch „1939 – Der Krieg, der viele Väter hatte“, dass Hitler bis zum Herbst 1939 keinen Krieg wollte. Schultze-Rhonhoff ist ein gefragter Interviewpartner für einschlägig bekannte Zeitungen wie der National-Zeitung und der Jungen Freiheit. Außerdem bietet der KOPP-Verlag das von Robert L. Brock herausgegebene Buch „Freispruch für Deutschland“ an, in dem unter anderem der Holocaust-Leugner David Irving als Experte für die Widerlegung „antideutscher Geschichtslügen“ zu Wort kommt. Das beim rechten Grabert-Verlag erschienene Buch „Der deutsche Aderlaß“ von Claus Nordbruch ist ebenfalls über den KOPP-Shop zu erwerben. Nordbruch erhielt 2001 den „Freiheitspreis“ der National-Zeitung und veröffentlicht regelmäßig in der Deutschen Stimme, in Nation & Europa sowie unregelmäßig in der Jungen Freiheit. Außerdem gab er dem Neonazi-Fanzine Blood & Honour ein Interview und tritt auch sonst des Öfteren bei Neonazi-Veranstaltungen auf.

Auf der „Info“-Seite des KOPP-Verlags werden täglich neue Nachrichten gepostet. Neben Ulfkotte schreiben dafür vor allem Gerhard Wisnewski und Jürgen Elsässer. Wisnewski veröffentlichte jüngst beim KOPP-Verlag das Buch „Jörg Haider – Unfall, Mord oder Attentat?“, was nicht nur unter Verschwörungstheorie-Fans breit rezipiert wurde. Jürgen Elsässer scheint nach seinem Rausschmiss beim Neuen Deutschland neben seiner streng nach Querfront müffelnden Volksfront-Initiative im KOPP-Verlag einen neuen Geldgeber - und vielleicht einen neuen Verlag - gefunden zu haben.

Wenig überraschend ist, dass viele der erwähnten Personen auch in der Infokrieg-Szene (infokrieg.tv, Alles Schall und Rauch, Secret TV, etc.) eine Rolle spielen. Jürgen Elsässer referierte beispielsweise beim „1. Deutschlandtreffen“ von Alles Schall und Rauch über das „anglo-amerikanische Finanzkapital“ und dürfte mit seinen vereinfachten Antworten auf komplizierte Fragen auf viel Zustimmung gestoßen sein.

Udo Ulfkotte fand im KOPP-Verlag eine adäquate publizistische Heimat. Seine konstruierte Abgrenzung vom Rechtsextremismus ist genauso wenig wert wie eine des KOPP-Verlags und vieler InfokriegerInnen. Die Grenzen zwischen Rassismus, Verschwörungserfindungen und Querfrontbestrebungen sind dabei fließend. Der KOPP-Verlag fungiert in diesem Dunstkreis immer mehr als Bindeglied zwischen den sich so ähnelnden kruden Spektren und verkauft das alles als unabhängige, alternative Informationen.

Quelle:

stattweb-News Ausgabe 10, 2010-02

Udo Ulfkotte und der KOPP-Verlag: Zwischen Rassismus, Revisionismus und Verschwörungsphantasien
News-Beitrag auf stattweb.de vom 4.Februar 2010

Der Artikel erschein zuerst im Antifaschistischen Infoblatt (AIB Nr. 85, Winter 2009/2010, S. 34f.)

Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 23. Februar 2011 um 19:40 Uhr

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Als "symbolische Unterstützung" bezuschusst die Stadt Mannheim das antifaschistische Bündnis "Mannheim gegen Rechts" mit € 2.500,-- für seine Arbeit. Die Finanzierung des für den 20. März geplanten Kongresses ist damit gesichert.

Dies beschloss der Gemeinderat der Stadt Mannheim bei seiner jüngsten Sitzung.

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