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Bekenntnisse eines Integrationsunwilligen

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FSK18 Diese Notiz möchte ich mit einer kleinen Beschreibung von mir anfangen. Keine Angst, ich mutiere nicht zu Lex Luger, dieser kleine Anflug von Narzismus hat durchaus seine Gründe. Also, ich bin blauäugig, blond, ziemlich groß und besitze seit meiner Geburt den deutschen Pass. Aber Vorsicht, liebe Neo-Nazis, nehmt eure Hände lieber wieder aus der Hose, denn jetzt muß ich euch wohl leider einen ziemlichen Dämpfer verpassen, denn ich bin außerdem absolut integrationsunwillig. Tja, ich weiß auch nicht, was da mit mir los ist, spontan würde ich aber als Grund diese merkwürdige Gesellschaft, in der ich lebe, angeben, denn die finde ich höflich gesagt einfach nur noch zum Kotzen. Wie gesagt war das der höfliche Ausdruck, so schrammt diese Notiz knapp an einer FSK18-Einstufung vorbei.

Woran liegt diese Integrationsunwilligkeit? Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll, das Schlimme ist nämlich, dass es dafür tausende Gründe gibt. Ich könnte z. B. mit dem eigentlichen Auslöser dieser Notiz anfangen, nämlich der unsäglichen Integrationsdebatte, die zur Zeit ganz unten im Pinkelbereich der Gesellschaftslaterne geführt wird. Mich ekelt es geradezu an, dass ein Möchtegern-Querdenker, dessen Gehirn wahrscheinlich genauso derangiert ist wie seine äußere Erscheinung, in diesem Land den Mund aufreissen und dumm-dreiste Hetz-Plattitüden in die Welt rotzen darf, ohne das ihm das verboten wird. Ja, ich weiß, wir haben eine Meinungsfreiheit, diese Freiheit greift aber richtigerweise nicht beim Hitlergruß oder anderen Nazisymbolen, warum tut sie das aber bei diesem vergreisten Ex-Bankier, wenn der faschistische Parolen über Rassen- und Klassengenetik in die Welt posaunt, bei denen dem sprachbehinderten Rumpelstilzchen mit der albernen Bartmode vor zumkotzen 70 Jahren seine 5 Zentimeter in der braunen Hose begeistert angeschwollen wären?

Was diese Meinungsfreiheit bewirkt, sieht man an den Reaktionen des Neanderthal-Proletariats, das zwischen dem 4. Korn und dem 6. Pilschen begeistert seine Bild-Zeitung zur Seite legt und diesen hirnverbrannten Aussagen auch noch zustimmt, nur weil sie irgendwo aufgeschnappt oder per Massenmedien suggeriert bekommen haben, dass es um Ausländer geht, die ihnen ja sowieso schon immer Arbeitsplätze, Geld und Wohnungen weggenommen haben, als Ausgleich noch nicht mal die Herrensprache beherrschen und auch noch frecherweise unter sich bleiben wollen, ohne die deutsche Leitkultur anzuerkennen. Und das äußern sie dann in Leserbriefen oder gerne auch verbal, nur um in 90 % der Fälle zu beweisen, dass sie selbst auch nur rudimentär diese Sprache beherrschen und überhaupt Grammatik für eine griechische Insel vor Spanien halten.

In Lüdenscheid haben wir so eine Art arabisches Viertel, da unterhalten sich alle Leute, als hätten sie eine schwere Bronchitis und die Musik, die da aus den Häusern schallt, klingt nach Ofra Haza in der Dauerrotation, alles in allem keine schöne Wohngegend, jetzt kommt aber der große Einwurf: Aus meiner Sicht. Und diese Sicht ist da völlig irrelevant, wenn in dieser Gegend 100 Leute wohnen, die so leben wollen und nur ich damit Probleme habe, dann habe ich zwei Möglichkeiten: entweder mitzuhusten oder zu gehen. Auf keinen Fall darf ich mich hinstellen und plärren, dass diese Leute sich böswilligerweise nicht integrieren, denn der Einzige, der sich nicht integriert hat, bin ich in diesem Fall. Das ändert auch nicht die Tatsache, dass der Vater im Hunsrück über die Mama gerutscht ist, man selber in Wanne-Eickel auf die Welt geworfen wurde und man sich deshalb für den Herrscher von Deutschland hält.

Und ja, ich weiß, "in der Türkei dürfte ich mir sowas auch nicht erlauben". Aber erstens lebe ich Picardseidank nicht in der Türkei und zweitens bin ich aus dem Alter raus, in dem ich Bonbons geklaut habe, weil mein Bruder das auch gemacht hat. Heisst übersetzt: Nur weil in der Türkei etwas falsch läuft, muß man nicht aus Rachegelüsten diese Denkweise auch in Deutschland übernehmen und genauso falsch machen. Zumal die meisten der Leute, die diesen Einwurf machen, noch nicht mal den Ansatz des Muts haben, den man braucht, um in ein fremdes Land zu gehen und dort eine neue Existenz aufzubauen.

Kommen wir aber nochmal zurück auf die deutsche Leitkultur. Hat sich schon mal jemand überlegt, dass ich und mancher Ausländer diese nicht übernehmen, weil sie einfach scheiße ist? (Ich weiß, sagt man nicht, aber ich möchte, dass die Leute, die diese Notiz eigentlich betrifft, wenigstens ein Wort verstehen und glücklich sind, Titten konnte ich aber leider nicht einbauen.) Was soll diese Leitkultur sein? CDU, Eisbein und Oktoberfest? Örks, meine Integrationsunwilligkeit hat soeben den Venusmond passiert...

Was ist eigentlich, wenn diese Leitkultur inzwischen auch aus der englischen Sprache und Internetbenutzung besteht? Ja, ich weiß, das geht jetzt den meisten geistig Altgebliebenen wirklich zu weit, zu leugnen ist es trotzdem nicht, dass dieser Sprache und diesem Medium die Zukunft gehört, auch im ehemaligen Großdeutschland. Was sagt das aber über Legionen der braven 60+-Senioren aus, die sich beharrlich weigern, auf ihre alten Tage sich mit dieser Umjustierung von Gesellschaftsverhältnissen zu beschäftigen? Sind diese Menschen demzufolge integrationsunwillig und müssten also dahin gehen, woher sie gekommen sind? Wohin sollte das sein, nach Stalingrad?

Das stellt eine saubere Überleitung zum Schlußakkord dar, denn auf die ewig gleiche Aufforderung gebe ich die ewig gleiche Antwort: Nein, ich haue nicht ab, weil es mir hier nicht passt. Erstens wüsste ich nicht, wohin ich gehen sollte und zweitens versuche ich lieber, dieses Land vielleicht doch noch im wahrsten Sinne des Wortes auf links zu drehen. Wenn das tatsächlich gelingen sollte, können alle Kritiker diese Multi-Kulti-Gesellschaft dann ja verlassen, aber wahrscheinlich haben die dann die gleichen Probleme mit den Zielkoordinaten des vermeintlichen Schlaraffenlands. Wow, jetzt habe ich soviel zum einen Punkt geschrieben, da muß ich die anderen Magenschmerzen, die ich mit diesem Staat habe, wohl auf spätere Notizen verschieben. Sorry for that... (Englisch, wer´s nicht versteht, den heisse ich herzlich willkommen im Club der Integrationsunwilligen. )
Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 15. September 2010 um 12:13 Uhr

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Der Mannheimer Stützpunkt des Beratungsnetzwerkes gegen Rechtsextremismus beginnt im Januar 2010 mit seiner Arbeit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beraten bei rechtsextremen Vorfällen Betroffene sowie Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen rechts engagieren wollen. Solche Vorfälle können beispielsweise rechtsextreme Propaganda an Schulen, Schmierereien im Stadtteil, rassistische Pöbeleien im Betrieb, Übergriffe oder Aufmärsche von Nazis in der Stadt sein.

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