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Wurde Deutschland der Krieg aufgezwungen?

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In revisionistischen Websites, Dokumenten und Büchern, die auch über sogenannte "Truther" - Sites verbreitet bzw. beworben werden, taucht immer wieder die Behauptung auf, der zweite Weltkrieg sei Deutschland aufgezwungen worden. Solche Darstellungen werden dann auch in den Social Networks immer wieder in die Diskussion eingebracht.

Der Hitler-Fan und ehemalige Weltkriegs-Kampfflieger Reinhold Leidenfrost verbreitete z.B. bei Vorträgen:

„Durch die Kriegserklärung der Juden und deren Anschläge auf Deutsche und auf deutsche Einrichtungen im Ausland wurden jene auch selbst zur Gefahr für Deutschland. Das hatte zur Folge, daß auch in Deutschland die Geschäfte der Juden boykottiert wurden. "Kauft nicht bei Juden", hieß es dann auch für einen Tag (1. April 1933) in Deutschland! Das internationale Judentum war für den Kriegszustand mit Deutschland verantwortlich! Bis zum Jahre 1938 konnten die Juden trotzdem legal auswandern. Nach der 2. jüdischen Kriegserklärung an Deutschland, im Jahre 1938, wurden sie fallweise wie Kriegsgefangene behandelt und eingesperrt. Von all diesen damaligen Provokationen und Vorgängen von Jüdischer Seite erfährt man in der heutigen BRD absolut nichts. … Der jüdische Weltbund, die kapitalistischen Länder England und Frankreich haben Deutschland den Krieg erklärt, weil ihrem Ausbeutersystem Gefahren und in Zukunft hohe Verluste drohten. Wir wollen ebenfalls nicht vergessen, daß auch die jüdische Führung US Amerikas, die anfangs noch etwas im Hintergrund stand, die eigentlichen Kriegstreiber waren. Der Wert ihres Goldes war in Gefahr!“
(U04)

Immer wieder gerne genannt wird auch ein Artikel der britischen Boulevardzeitung Daily Express, die am 24. März 1933 einen reißerisch aufgemachten 7-Spalter brachte mit der Schlagzeile: "Judea declares war on Germany („Judäa erklärt Deutschland den Krieg“)"
(P11)
In Wirklichkeit hatten einige Londonder jüdische Händler zu einem Boykott deutscher Waren aufgerufen, was freilich von Vertretern britischer Juden schon am 27. März ausdrücklich zurückgewiesen wurde.

Die Vertretung der in Großbritannien ansässigen Juden, der Jewish Board of Deputies, erklärte vielmehr ..., er wolle sich nicht in innerdeutsche Angelegenheiten einmischen. Boykottmaßnahmen und Protestversammlungen seien 'spontane Ausbrüche der Empörung' einzelner Personen, aber nicht vom Board organisiert. ( B21 , S. 119 )

Dennoch wurde dieser Artikel in Deutschland zum Vorwand für den Aufruf "Kauft nicht bei Juden" am 1. April 1933 genommen.

Eine zweite angebliche jüdische Kriegserklärung sehen Geschichtsrevisionisten in einem Briefwechsel des damaligen Vorsitzenden der Jewish Agency, Chaim Weizmann, vom September 1939. Auch Ernst Nolte bewertete dessen Bereitschaft, an der Seite Großbritanniens gegen das nationalsozialistische Deutschland zu kämpfen, als „Kriegserklärung der Juden“ an das Deutsche Reich und stellte die mit Kriegsbeginn eskalierende Judenverfolgung des NS-Regimes als „Gegenmaßnahme“ dazu dar. (N12)

Ein weiterer klassischer Vertreter für die Kriegsschuldleugnung war der US-amerikanische Geschichtsrevisionist David L. Hoggan mit dem Buch "Der erzwungene Krieg" (1961).

1968 schrieb Harry Elmer Barnes das Buch "Die deutsche Kriegsschuldfrage" als Rechtfertigung Hoggans. Demnach sei Hitler ebensowenig verantwortlich für den Zweiten Weltkrieg wie Wilhelm II. für den Ersten.
Die Anerkennung der deutschen Kriegsschuld sei ein „Fall von geradezu unbegreiflicher Selbstbezichtigungssucht ohnegleichen in der Geschichte der Menschheit“.

Der später in Österreich als Holocaustleugner verurteilte britische Publizist David Irving bestritt schon in seinem Buch "Hitler's War" (1977) Hitlers Initiative beim Zweiten Weltkrieg und wies die Hauptschuld Winston Churchill zu.

Der Historiker Ernst Nolte löste 1986 einen bundesdeutschen Historikerstreit aus: Für ihn war der deutsche Russlandfeldzug 1941-1945 nichts anderes als eine präventive Abwehrmaßnahme Adolf Hitlers gegen einen befürchteten Krieg der Sowjetunion gegen Deutschland.
Auch die Einrichtung von KZ und Vernichtungslager bezeichnete er als Reaktion auf die Gulag Stalins.
So waren für ihn also nicht innerdeutsche, sondern außerdeutsche Ereignisse nicht nur die Ursache für den Krieg, sondern auch für den millionenfachen Mord.
Der Holocaust wird für ihn zum eher zufälligen nicht beabsichtigten Ereignis in Folge des von außen aufgezwungenen Krieges.
In einem Spiegel-Interview antwortete er auf die Frage, ob er Zweifel an der gezielten Massenvernichtung der Juden durch Gas hege:

"Das ist ein besonders heikler Punkt. Ich kann nicht ausschließen, dass die meisten Opfer nicht in den Gaskammern gestorben sind, sondern dass die Zahl derer vergleichsweise größer ist, die durch Seuchen zu Grunde gingen oder durch schlechte Behandlung und Massenerschießungen. Ich kann nicht ausschließen, dass die Untersuchung der Gaskammern auf Blausäurespuren, die der amerikanische Ingenieur Fred Leuchter als erster vorgenommen hat, wichtig ist." (W24)

Der ehemalige HJ-Führer und Wehrmachtsoffizier Max Klüver veröffentlichte sein Buch "Präventivschlag 1941. Zur Vorgeschichte des Russlandfeldzuges", in dem er sich den Ausführungen Noltes anschloss.

Der Leiter der revisionistischen „Zeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt“ Alfred Schickel schreibt, US-Präsident Roosevelt habe schon am 5. Oktober 1937 dazu aufgerufen, die faschistischen und kommunistischen Diktaturen unter Quarantäne zu stellen, also zu isolieren. Erst auf seinen Druck hin hätten Briten und Franzosen ihre Appeasement-Politik am 31. März 1939 zu Gunsten einer Garantieerklärung für Polens Grenzen aufgegeben. Dies hätten die Polen als „Blankoscheck“ für deutschfeindliche „Provokationen“ aufgefasst.
Hitler sei am 1. September 1939 einem bevorstehenden polnischen Angriff „zuvorgekommen“, habe aber schon am 5. Oktober 1939 ein „großzügiges Friedensangebot“ an die Westmächte gerichtet. Hätten diese es angenommen, wäre der Zweite Weltkrieg „vermeidbar“ gewesen.

Seit 2003 veröffentlicht der ehemalige Generalmajor Gerd Schultze-Rhonhof publikumswirksam Arbeiten, die von einer allgemeinen Entfesselung des Zweiten Weltkriegs ausgehen und Polen die Hauptschuld zuweisen.

Auch der freie Historiker Stefan Scheil relativiert Hitlers Aggressionspolitik. Dies wird meist mit angeblichen westlichen oder östlichen Kriegsplänen, wirtschaftlichen Erpressungen und Provokationen gegen das Deutsche Reich vor 1939 begründet. (N12)

Während des Protests der Anonymous-Bewegung vor dem Hamburger Scientology-Gebäude am 17. Januar 2009 kam es zu einem interessanten Gespräch, das von einem Teilnehmer aufgezeichnet wurde. Wie so oft bei solchen Protestaktionen wurde ein sogenannter „Handler“ nach draußen geschickt, um möglichst viele Anonyme in ein Gespräch zu verwickeln und vom Demonstrieren abzuhalten.
Auf Frage erklärte der Scientologe er habe den Level 7 abgeschlossen.
und weiter: “'39, '39. Klar. So. Und sie sagen jetzt einfach, Deutschland - welche, welche … übrigens: 1933, 1933 wurde im, im Daily Telegraph in London und in der New York Times hat die, „die Judenheit“ Deutschland den Krieg erklärt. „Judea declares war on Germany“. 1933, '33!“

Anonymous: „Zu Hitlers Amtseintritt?“

Scientologe: „Kurz, kurz danach. Kurz danach. Warum ist kein Schuss gefallen?“ (...) “… und die deutschen Juden sind nicht alle umgebracht worden, so wie, wie es in den Zahlen hier steht. Ich weiß zum Beispiel die russischen Totenbücher von Auschwitz sagen eine Zahl von 76.000 einfach aus. Ich habe das Gedenkbuch jetzt, von den, von den, von den der natio… der, der Opfer des Nationalsozialismus an den deutschen Juden, die, die vier Bände, die sind rausgekommen 2007, da ist 'ne Zahl von 159.000 Juden da. 159.000! In Auschwitz war jahrelang die Zahl von Ilja Ehrenburg von 4 Millionen …“ (I20)

Derartige Muster, Zahlen und Daten werden immer wieder gerne von Rechten in Websites, Blogs und Diskussionen in Social Networks gebracht.

Da verwundert es nicht, dass auch Holey sich diesen Thesen anschließt. Auch er ist der Meinung,  die deutsche Reichsregierung habe den zweiten Weltkrieg gar nicht gewollt. Vielmehr hätten die Juden Deutschland schon 1933 den Krieg erklärt und Hitler sei gar nichts anderes übrig geblieben als Polen zu überfallen, weil polnische Soldaten immer wieder Greueltaten und Massaker an deutschen Zivilisten begangen hätten. Als Beleg erdreistet sich Holey das faschistische "Weißbuch" von 1940 zu erwähnen. (H03)

Doch die Tatsachen sehen anders aus.

Der Nationasozialismus war und ist von Grund auf alles andere als friedlich. Wenngleich der Nationalsozialismus keine geschlossene klar definierte Ideologie besaß, sondern vor allem auf Machterhalt und Machtausübung ausgerichtet war, so wurden bestimmte Ziele nationalsozialistischer Politik doch auch schon sehr früh und sehr klar und deutlich formuliert.

Mittelpunkt nationalsozialistischer Politik war immer auch die Aussage, die Deutschen seien ein Volk ohne Raum und das Ziel deutscher Politik müsse es sein, dem deutschen Volk diesen Lebensraum zu beschaffen. Hinzu kam der aus der faschistischen Rassenpolitik resultierende Anspruch der Herrschaft des deutschen Volkes über die anderen Völker.

In Mein Kampf schrieb Hitler auf S. 740 f:

"Staatsgrenzen werden durch Menschen geschaffen und durch Menschen geändert. Die Tatsache des Gelingens eines unmäßigen Bodenerwerbs durch ein Volk ist keine höhere Verpflichtung zur Anerkennung desselben. Sie beweist höchstens die Kraft der Eroberer und die Schwäche der Dulder. (...) So wie unsere Vorfahren den Boden, auf dem wir heute leben, nicht vom Himmel geschenkt bekaamen, sondern durch Lebenseinsatz erkämpfen mussten, so wird auch uns in Zukunft den Boden und damit das Leben für unser Volk keine völkische Gnade zuweisen, sondern nur die Gewalt eines siegreichen Schwertes."

Nur unter der Vorherrschaft des höchststehenden, des deutschen Volkes konnte Hitler sich Frieden vorstellen: "Also erst Kampf und dann vielleicht Pazifismus" (H 18, S. 315 )

Die von Revisionisten immer gerne zitierten "Friedensreden" Hitlers waren nachweislich taktischer Natur und dienten einzig dem Zweck, das Ausland zu beruhigen, solange Deutschland sich noch nicht stark genug für die offene militärische Auseinandersetzung fühlte.

In einer Denkschrift zum Vierjahresplan schrieb Hitler im August 1936:

"I. Die deutsche Armee muß in vier Jahren einsatzfähig sein.
II. Die deutsche Wirtschaft muß in vier Jahren kriegsfähig sein."

Und Göring sekundierte, Von nun an befinde sich das Reich "in der Mobilmachung und im Krieg, es wird nur noch nicht geschossen." "Alle Maßnahmen (hätten) so zu erfolgen, als ob wir im Stadium der drohenden Kriegsgefahr uns befänden." (E32, S. 77)

In den sogeenannten Hoßbach-Prokollen hielt Hitlers Wehrmachtsadjutant Oberst Hoßbach Stichworte einer Besprechung vom 5.11.1937 fest, in der Hitler unmissverständlich seine Kriegsziele darlegte:
"Wenn wir bis 1943/45 nicht handelten, könne infolge des Fehlens von Reserven jedes Jahr die Ernährungskrise bringen, zu deren Behebung ausreichende Devisen nicht verfügbar seien. Hierin sei ein Schwächungsmoment des Regimes zu erblicken.
Zudem erwarte die Welt unseren Schlag und treffe ihre Gegenmaßnahmen von Jahr zu jahr mehr.
(...)
Zur Verbesserung unserer militärpolitischen Lage müsse in jedem Fall (...) unser erstes Ziel sein, die Tschechei und gleichzeitig Österreich nierzuwerfen, um die Flankenbedrohung eines etwaigen Vorgehens nach Westen auszuschalten. (...)"

Auch die Vertreibung und/oder Vernichtung großer Bevölkerungsteile war von Anfang an mit eingeplant:

"Wenn auch die Besiedlung insbesondere der Tschechei keine dünne sei, so könne die Einverleibung der Tschechei und Österreichs den Gewinn von Nahrungsmitteln für 5 - 6 Millionen Menschen bedeuten, unter Zugrundelegung, daß eine zwangsweise Emigration aus der Tschechei von zwei, aus Österreich von einer Million Menschen zur Druchführung gelange.

(Niederschrift von Oberst Hoßbach über die Besprechung in der Reichskanzlei am 5.11.1937 zit. nach K 22, S. 311 f )
Eine öffentliche Rede, bei der nicht nur seine Kriegspolitik, sondern auch die Judenvernichtung dargestellt wurde, hielt Hitler am 30. Januar 1939, über die der Völkische Beobachter am 31.1. berichtet.

Dass es im Konflikt mit Polen auch nicht um Danzig ging, erklärte Hitler am 23. Mai 1939 vor Führern der Wehrmacht:

"Danzig ist nicht das Objekt, um das es geht. Es handelt sich füruns um die Erweiterung des Lebensraums im Osten und Sicherstellung der Ernährung sowie der Lösung des Baltikumproblems." (S30, S. 104)

Gewalt, Krieg und Unterdrückung sind untrennbar mit Faschismus und insbesondere dem deutschen Nationalsozialismus verbunden.
Dies zeigen selbst die Programme, Reden, Publikationen und Verlautbarungen der NSDAP von Anfang an.

Krieg und Vernichtung Andersdenkender und Andersartiger war von Anfang an Ziel und Zweck des Nationalsozialismus.

Zitate:

B21 W. Benz, Legenden, Lügen, Vorurteile
E32 Enzyklopädie des deutschen Nationalsozialismus hrsg. von Wolfgang Benz, Klett-Cotta, 1997
H03 Helsing, Jan van: Geheimgesellschaften 1 + 2"
H18 Adolf Hitler, Mein Kampf
I20 http://de.indymedia.org/2009/02/240925.shtml
K22 Kühnl, Reinhard: Der deutsche Faschismus in Quellen und Dokumenten. 6. Aufl., Köln 1987
N12 http://nip-berlin.de/daten/index.php?option=com_content&task=view&id=106&Itemid=64
P11 http://forum.politik.de/forum/aussenpolitik/7776-die-juden-haben-deutschland-1933-den-krieg-erklaert.html
S30 DER SPIEGEL 6/1996
U04 http://www.ureader.de/msg/14518718.aspx : Reizworte eines Zeitzeugen: Autobahn, Volkswagen, Volkswirtschaft Deutsches Leben unter ADOLF HITLER Der Lebensbericht eines Zeitzeugen von Dipl. Ing. Reinhold Leidenfrost
W24 Gerd Wiegel: Leugnung und Relativierung: Der Missbrauch von Auschwitz in der aktuellen Politik


Weitere Quelle:
http://www.gkpn.de/pfahl_tr.htm


Zuletzt aktualisiert am Samstag, den 16. Januar 2010 um 19:01 Uhr

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Als "symbolische Unterstützung" bezuschusst die Stadt Mannheim das antifaschistische Bündnis "Mannheim gegen Rechts" mit € 2.500,-- für seine Arbeit. Die Finanzierung des für den 20. März geplanten Kongresses ist damit gesichert.

Dies beschloss der Gemeinderat der Stadt Mannheim bei seiner jüngsten Sitzung.

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Anwaltskanzlei nimmt Text über ungültiges OWiG vom Netz

Eine Freiburger Anwaltskanzlei musste einen Artikel von ihrer Website entfernen, in dem behauptet worden war, das OWiG sei außer Kraft.

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